Farbholzschnitt - Der verlorene Schnitt

"Sedes Sapientiae" - Farbholzschnitt (verlorener Schnitt)
"Sedes Sapientiae" - Farbholzschnitt (verlorener Schnitt)

Die Methode: Der Holzschnitt ist die älteste bekannte Form des Druckstocks für den Hochdruck. Für den „echten Holzschnitt“ werden Langholzbretter verwendet, Bretter, die aus der ganzen Länge des Baumstammes gesägt, lange trocken gelagert und glatt gehobelt wurden. Verschiedene Holzarten sind geeignet, die beliebteste ist wohl das mittelharte Birnbaumholz. Aber auch mit weichem Zirbelkiefernholz habe ich gute Erfahrung gemacht. Das Besondere an hölzernen Druckstöcken im Vergleich zu Linol ist, dass im Handabrieb die natürliche Holzmaserung im Druck erkennbar bleibt, ihn lebhafter wirken lässt und sogar in das Motiv einbezogen werden kann. Der Holzschnitt eignet sich grundsätzlich am besten für die Wiedergabe einer herben, kraftvollen Ausdrucksweise. Dies gilt für den Einfarben- ebenso wie den Mehrfarbendruck, auch wenn bei letzterem durch die Farbigkeit größere künstlerische Freiheit besteht. Um in mehreren Farben zu drucken, benötigt man entweder mehrere Druckstöcke oder man bedient sich der Methode des sog. „verlorenen Schnitts“. Dies bedeutet, dass nach dem Drucken einer Farbe der gleiche Druckstock weiter geschnitten wird für die nächstfolgende Farbe, die dann auf dieselben Abzüge erneut gedruckt wird. Dabei muss klar sein, dass das einmal Weggeschnittene für den weiteren Druck verloren ist. Und man legt sich in der Anzahl der Drucke im Vorhinein fest, i.d.R. also geeignet für kleine Auflagen im Handdruckverfahren. In den Farben wird i.A. von hell nach dunkel gedruckt. Bei der mehrfarbigen Drucktechnik mit mehreren Druckstöcken oder geteiltem Druckstock bestehen zwei gefährliche Klippen. Zum einen lassen sich ob der scharf begrenzten Flächen, Formen und Linien im Zusammendruck die einzelnen Farben nicht leicht miteinander verbinden. Das farbige Blatt scheint in seine einzelnen Bestandteile auseinander zu fallen. Um diesen Effekt zu umgehen, kann man bei Benutzung mehrerer Platten die einzelnen Farben als selbstständige Formträger einander bewusst gegenüberstellen (siehe z.B. bei den Expressionisten), die exakte Wiederholung der Form schränkt jedoch die künstlerische Freiheit empfindlich ein („Kopie“). Mit der Beschränkung auf einen Druckstock, also der Technik des verlorenen Schnittes, wie Picasso sie m.W. 1959 bis 1960 im Linolschnitt genial angewendet hat, kann man den Zerfall der Bildwirkung in die einzelnen Farben verhindern und umgeht gleichzeitig das bloße Kopieren von Formen.

Die Vorlage (z.B. Zeichnung, Tuschelavierung) wird auf den Druckstock übertragen (Zeichnen/ Pausen/ Malen). Die Stellen, die nicht drucken sollen, werden weggeschnitten, entweder mittels scharfer Messer (Schnitt und Gegenschnitt) oder einfacher ausschließlich mit kleineren und größeren Hohleisen.

Die Farbe: Sie wird für jeden Abzug mit Farbwalze oder Ballen dünn aufgetragen. Dabei handelt es sich i.A. um ölbasierende Buchdruck- oder Offsetdruckfarbe, die für die Übertragung z.B. mittels Farbwalze zäh und filmreißend eingestellt ist. Wasserbasierende Farben sind i.V. mit Holz nicht geeignet. Um harmonische Drucke zu erhalten, sollten mit einander verwandte Farben, z.B. ausgehend von einem oder zwei gemeinsamen Grundtönen, verwendet werden. Da ich gerne einen malerischen Bildausdruck bevorzuge, stelle ich die Farben transparent bis halbtransparent ein und erlaube mir geringe Komplementärkontraste.   

Das Papier: Obwohl fast alle Papiere geeignet wären, sind zufriedenstellende Ergebnisse eher auf gut saugenden, schwachgeleimten Papieren zu erwarten. Ich bevorzuge für den Handabzug mittelfest geleimte Druckkarton, insbesondere auch Japanpapiere oder leichte Büttenpapiere.

Das Drucken: Auf Handpressen, wie sie beim Kupferdruck oder für die Lithografie unentbehrlich sind, kann man beim Abziehen eines Holzschnittes gelegentlich verzichten, vor allem wenn man Originalgrafiken in kleiner Auflage erzeugen will und durch händisches Abreiben kleine Unterschiede im Sinne künstlerischer Freiheiten bewusst einfließen lassen möchte. Das Abreiben geschieht mittels Falzbein, Wischer oder Handwalze, je nach der gewünschten Ausdrucksform, die gerade im Handabrieb gut variiert werden kann.